Christine Finke redet in ihrem Buch Tacheles
Das Buch für und über Alleinerziehende von Christine Finke ist schon seit ein paar Wochen auf dem Markt. Ich habe es mir gleich gekauft. “Allein, alleiner, alleinerziehend – Wie die Gesellschaft uns verrät und unsere Kinder im Stich lässt” ist der Titel des Buches. Das Buch hat stark autobiographische Züge. Die Autorin berichtet von ihrer eigenen Trennung und die Reaktion der Umwelt darauf. Dumme Sprüche stehen da an der Tagesordnung und schiefe Blicke, so nach dem Motto: “Bist Du ja selbst in Schuld.” Alleinerziehende haben einen schlechten Ruf. Ich persönlich mag dieses Wort “alleinerziehend” schon gar nicht. Sie gelten als arm, oft auch asozial und die armen Kinder leiden unter der schlechten Erziehung und dem fehlenden Vater. Das ist das Image.
Christine Finke schreibt über die Zeit nach ihrer Trennung und stellt Umgangsregelungen mit dem Vater vor. Manche Papas haben ihre Kids jedes zweite Wochenende, andere haben das Wechselmodell, und manche Väter machen sich für immer aus dem Staub.
Finke setzt sich mit ihrem Buch für die Belange von Singlemums ein. Sie plädiert für bessere finanzielle und berufliche Unterstützung. Sie selbst hat drei Kinder. Ich habe eins. Mit drei Kindern alleinerziehend sein finde ich schon sehr anstrengend. Mir reicht da ein Kind.
Altersarmut ist bei Singlemums eine große Gefahr. Sie können meist nicht Vollzeit arbeiten. Da kommt nicht viel Rente bei raus. Interessiert den Staat auch nicht. Im Gegenteil. Unser Saat benahcteiligt die Alleinerziehenden. Finke fordert da in ihrem Buch einen deutlich höheren Entlastungsbeitrag, Abschaffung des Ehegattensplittings und u.a. Ausgleich bei Rentenpunkten. Das kann ich nur unterstreichen.
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Singlemums sind ständig vom Burn-out bedroht. Alles müssen sie allein wuppen von morgens bis abends. Kids in den Kiga oder in die Schule bringen, zur Arbeit, einkaufen etc. In den “normalen” Familien hilft der Vater mit. Man selbst hat keine Zeit mehr für sich. Finke spricht da wahre Worte. Und das Umfeld sieht meist nicht, wenn Alleinerziehende mal Hilfe brauchen.
Finke beschreibt, wie ihre Kids mit der Trennung umgehen. Alle sind mal krank oder psychisch angeschlagen. Ich hab beim Lesen oft gedacht: “Oh Gott, bin ich froh, dass ich nur ein Kind habe.”
Ansonsten spricht mir die Autorin aus der Seele.
Verheiratete Frauen jammern oft, sie seien auch alleinerziehend, weil der Mann beruflich so eingespannt sei. Ja, aber der Unterschied zu echten Singlemums ist wohl der Kontostand. Man zieht zu zweit am Strang, regelt Auto, haus, Finanzen zusammen. Ich weiß, dass da immer jemand ist. Mit Ehemann kann man sich mehr Urlaub leisten, ein größeres Auto etc.
Urlaub ist für Singlemums mit Kids oft stressiger als der Alltag. Kein Kindergarten, keine Schule. 24 Stunden alleine die Kids bespaßen. Da kann ich Christine Finke nur zustimmen. Und wie sie selbst schreibt, stehen nicht immer Großeltern oder Freunde zur Verfügung, die da helfen. Außenstehende haben für Singlemums immer die “besten” Tipps.
Krank werden darf man schon gar nicht. Ist mir zum Glück noch nicht passiert.
Im Kapitel 10 geht es um Mutter-Kind-Kuren. Ich hab auch eine gemacht und fand sie ganz okay. Man darf eben nicht zu viel erwarten. Finke findet eine Haushaltshilfe besser. Ich hätte da lieber für zwei Abende in der Woche einen kostenlosen Babysitter, um mal auszugehen und Hobbys auszuleben.
Finke schreibt, dass sie gar keinen Kontakt zu anderen Alleinerziehenden hat. Den hab ich schon und finde ich auch wichtig. Insgesamt finde ich das Buch “Allein, alleiner, alleinerziehend” sehr interessant und lesenswert. Aber einige Absätze finde ich doch etwas wehleidig. In der Großstadt gibt es schon Angebote für Alleinerziehende. Finke wohnt in einer kleineren Stadt. Man muss mit seinen Kids nicht ganz alleine in den Urlaub fahren. Es gibt Gruppenreisen für Singlemums. Es gibt Treffen, es gibt den VAMV – Verein für alleinerziehende Väter und Mütter. Die Kirche bietet auch Treffen an. Vielleicht nicht auf dem Land.
Am Wochenende kann man sich mit anderen Singlemums und deren Kids treffen. Es gibt in Großstädten sogar Wochenendseminare für Singlemums mit Kinderbetreuung. Vor 50 Jahren war es sicherlich schwerer, Singlemum zu sein. Da konnte man wohl froh sein, wenn die Großeltern geholfen haben.
Das Thema deer Partnersuche spricht Christine Finke auch an. Tja, wie lange bleiben Singlemums alleine? Ich persönlich habe den Eindruck, dass viele für immer alleine bleiben. Sie suchen nicht. Ist auch nicht einfach, denn der Neue muss die Kids auch akzeptieren. Viel Zeit mit dem Partner alleine ist nicht da. Ist einfacher, wenn die Kids größer sind.
Wenn ein Elternabend ansteht, ist das für Paare kein Problem. Einer geht, der andere passt auf die Kids auf. Singlemums müssen sich da wieder einen Babysitter suchen. Und wann geht frau selbst mal zum Arzt oder zum Friseur? Wann bleibt Zeit für eigene Kontakte und Hobbies? Einen Babysitter können sich viele Singlemums auch nicht leisten. Und nicht alle haben eine tolle, nette Familie um die Ecke wohnen. Das sehen Außenstehende oft nicht.
Christine Finke hat mit ihrem Buch die Probleme von Singlemums auf den Kopf getroffen. Für alle Alleinerziehenden ist dies eine empfehlenswerte Lektüre, aber auch für Erzieher und Lehrer, die mit Singlemums zu tun haben.
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Danke für Deinen Kommentar.
Super, dass Du das Buch rezensiert hast. Ich bin schon immer drum herum geschlichen wie die Katze um den heißen Brei 😉
Bin selbst von Anfang an SingleMom mit einer Tochter und so langsam mit fortgeschrittenem Alter des Kindes wird es einfacher. Zumindest der Alltag…
Ja, es stimmt, die Außenstehenden haben mitunter ein komplett falsches Bild vom Leben einer SingleMom und ich empfinde es oft als blanken Hohn, wenn eine verheiratete Mutter mit einem gut verdienenden Gatten, der aber oft aus beruflichen Gründen abwesend ist, sich jammernd und selbstmitleidig als “eigentlich auch alleinerziehend” darstellt…
Liebe Grüße
Salvia von Liebstöckelschuh